Advientos-fenĂȘtres
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Der Weihnachtsengel
Die Sterne blitzen und funkeln
Wie Ăuglein hell und klar;
Ein Engel schwebt zur Erde,
Bringt holde Gaben dar.
Es ist ein gĂŒtiger Engel,
Er eilt von Haus zu Haus
Und teilt mit vollen HĂ€nden
Die reichen Gaben aus.
Die Kerzen brennen und flammen
Am schlanken Tannenbaum,
Und Ăpflein, rot wie Wangen,
Und NĂŒsse in goldnem Schaum.
Die Kinder jubeln und beten
Und wollen vor Lust vergehn;
Da hört man ein Glöcklein klingen
Und EngelsflĂŒgel wehn.
Hinauf zu den goldnen Sternen
Zum heil'gen Himmelsraum
Sieht man das Kindlein schweben,
Gleich einem schönen Traum.
M. Pilgram |
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Einsiedlers Heiliger Abend
Ich hab' in den Weihnachtstagen -
Ich weiĂ auch, warum -
Mir selbst einen Christbaum geschlagen,
Der ist ganz verkrĂŒppelt und krumm.
Ich bohrte ein Loch in die Diele
Und steckte ihn da hinein
Und stellte rings um ihn viele
Flaschen Burgunderwein.
Und zierte, um Baumschmuck und Lichter
Zu sparen, ihn abends noch spÀt
Mit Löffeln, Gabeln und Trichter
Und anderem blanken GerÀt.
Ich kochte zur heiligen Stunde
Mir Erbsensuppe mit Speck
Und gab meinem fröhlichen Hunde
Gulasch und litt seinen Dreck.
Und sang aus burgundernder Kehle
Das Pfannenflickerlied.
Und pries mit bewundernder Seele
Alles das, was ich mied.
Es glimmte petroleumbetrunken
SpÀter der Lampendocht.
Ich saĂ in Gedanken versunken.
Da hat's an die TĂŒre gepocht,
Und pochte wieder und wieder.
Es konnte das Christkind sein.
Und klang's nicht wie Weihnachtslieder?
Ich aber rief nicht: "Herein!"
Ich zog mich aus und ging leise
Zu Bett, ohne Angst, ohne Spott,
Und dankte auf krumme Weise
Lallend dem lieben Gott.
Joachim Ringelnatz |
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Rauhreif vor Weihnachten
Das Christkind ist durch den Wald gegangen,
Sein Schleier blieb an den Zweigen hangen,
Da fror er fest in der Winterluft
Und glÀnzt heut' Morgen wie lauter Duft.
Ich gehe still durch des Christkind's Garten,
Im Herzen regt sich ein sĂŒĂ Erwarten:
Ist schon die Erde so reich bedacht,
Was hat es mir da erst mitgebracht!
Anna Ritter |
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Zeichen der Zeit
(Weihnacht 1899)
Am Himmel seh' ich Flammenzeichen,
Auf Erden wird es wunderlich.
Es wetterleuchtet; Wolken schleichen
Unheimlich und verbĂŒnden sich.
Wie ferne Donner dröhnen Klagen,
Und weit und weiter wird die Kluft.
Ein wirrer KnÀuel dunkler Fragen
Durchschwirrt mit Sturmgebraus die Luft.
Es wanken SĂ€ulen, welche trugen
Den Bau mit stolzer Sicherheit.
Es knarrt und kracht in allen Fugen.
Mit Macht stĂŒrmt an die neue Zeit.
Es brodelt lĂ€ngst in dunklen SchlĂŒnden;
Schon zucken Flammen blutig rot,
Die Unheil und Verderben kĂŒnden,
Die Boten sozialer Not.
Wann wird das Sturmsignal ertönen?
Der Ruf, der rings die Reihen schlieĂt? -
Wann wogt der Strom von Blut und ThrÀnen,
Der tropfenweis schon heute flieĂt? -
Doch horch! - ich höre Weihnachtslieder.
Die Menschheit lauscht dem sĂŒĂen Klang.
Wer gab der Welt den Frieden wieder? -
Die Liebe, die den HaĂ bezwang.
Wilhelm Edelmann |
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Christabend in der Fremde
Die Welt so weiĂ, so fremd und weit,
Die Nacht so nah', der Weg so lang,
Der FuĂ so wund, das Herz voll Leid,
Ist das, o Gott, ein Weihnachtsgang!
Ja, Weihnacht heut fĂŒr Jung und Alt,
FĂŒr jedes Herz an GlĂŒck so reich,
Der Wanderbursch nur einsam wallt,
Das Aug' gesenkt, die Wange bleich!
Weh thut's, so in der Fremde sein,
Doch doppelt weh am Weihnachtsfest,
D'rum blickt er auch so traurig d'rein,
Ach, alle Welt ihn ja verlĂ€Ăt!
Kein Haus sich öffnet gastlich heut
Dem armen, fremden Wandersmann,
Kein Herz ihm traut Willkommen beut,
Kein Mund ihm sagt: ,,Kehr' ein, klopf' an!"
Wohl eine Gabe hier und dort
Ward kalt und fremd ihm heut gereicht,
Kein lieber Blick, kein freundlich' Wort
Hat lind sein armes Herz erweicht!
Und trÀumend geht er nun dahin
Den stillen, weiĂ beschneiten Pfad,
Und trÀumend eilen Seel' und Sinn
Zur Ferne, wo sein Heim er hat!
Er hat ein Heim so lieb und traut,
Der arme Mann, - nun nicht mehr arm
Nein, - denn mit Geistesblick er schaut
In's Mutteraug' so liebewarm!
Er sieht die Witwe betend knie'n
In ThrÀnen vor Mariens Bild:
"Maria, hĂŒt' und schĂŒtze ihn!
Sei Du ihm nah'! fĂŒhr' Du ihn mild!"
Da öffnet leise sich die ThĂŒr,
Und eine blonde Maid tritt ein:
,,Lieb' MĂŒtterlein, jetzt komm' mit mir,
Bald wird es Zeit zum Christamt sein!
Komm, stĂŒtze dich aus meinen Arm,
Und laĂ uns zum Altare geh'n,
Zum Gotteskind' in Liebe warm
FĂŒr deinen fernen Sohn zu fleh'n!"
,,Marie! mein Lieb so treu und traut!
O Mutter, segne Gott dein Herz!"
Der Wand'rer spricht's, - ein ThrÀnlein thaut
In heiĂer Lieb' und stillem Schmerz!
Er sieht sie geh'n - ein rĂŒhrend' Bild!
Zum schönen Amt der heil'gen Nacht,
Die Maid so hold, so engelsmild,
Die Mutter bleich und gramverwacht!
Und wie er so mit Beiden geht
Im Geiste nun - wie's nur geschah!
Vor einem stillen Friedhof steht
Er plötzlich traumverloren da!
Hat ihn sein Engel hergebracht,
Zu kehren bei den Todten ein?
Wohlan! auch hier ist's heil'ge Nacht,
Auch hier wird Christkind nah' ihm sein!
Der Tannenbaum auf jenem Grab
Scheint ihm zu winken lieb' und leis',
Da legt er still sein BĂŒndel ab,
Da ruht er aus von langer Reis'!
Das Haupt gelehnt am Tannenbaum,
Die HĂ€nde vor's Gesicht gedrĂŒckt,
TrĂ€umt wachend er gar sĂŒĂen Traum,
Sein Herz zur fernen Heimath blickt!
Und endlich schlÀft ganz still er ein
Auf weiĂem Grab zur heil'gen Nacht!
Da strahlt's um ihn wie Lebensschein
Und Himmelslicht, - o welche Pracht!
Im Heimathskirchlein der Altar
ErglÀnzt vor ihm im Weihnachtslicht,
Mit Jubelliedern sĂŒĂ und klar
DrÀngt Alt und Jung zum Kripplein dicht.
Das Glöcklein tönt, und hoch empor
Der Priester nun die Hostie hÀlt,
Wie Strahlenglanz quillt's d'raus hervor,
Und sieh, ein lichter Strahl, er fÀllt,
Gesandt von treuer Liebe fleh'n,
Bis in des SchlÀfers Herz hinein;
Wie ist ihm doch so wohl gescheh'n,
Er meint im Himmel schon zu sein!
Er lÀchelt wie ein Kind im Traum,
Dann steht es still, das mĂŒde Herz,
Zu Christkinds ew'gem Weihnachtsbaum
Schwingt sich die Seele himmelwÀrts!
Und mehr und mehr deckt weich und dicht
Der Schnee den stillen SchlÀfer zu,
Ein Grabtuch, strahlend rein und licht,
HĂŒllt lind ihn ein zur letzten Ruh'!
Fern aber durch die stille Nacht
Zwei Frauen wieder heimwÀrts geh'n,
Was haben Beide wohl gedacht?
Wen mögen sie im Geist jetzt seh'n?
"O Mutter, wo er heut wohl ist,
Heut, in der stillen heil'gen Nacht!?"
,,,,Marie, glaub's fest, der heil'ge Christ
Hat - wo er sei - ihm Licht gebracht!""
Cordula Peregrina
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